Geht doch! (5)

Neue Softies braucht das Land

Politisch erleben Machos ein Comeback – in den Medien waren sie ohnehin nie wirklich weg. Die RTL-Serie „Softies“ zeigt dagegen ein modernes, empathisches und positives Männerbild. Warum Schulen nicht „Adolescence“ zeigen sollten, sondern diese Serie.
Exklusiv für Übonnenten

Oskar Redfern, Samir Salim und Damian Hardung (v.l.) in der neuen RTL-Serie "Softies".
Oskar Redfern, Samir Salim und Damian Hardung (v.l.) in der neuen RTL+-Serie „Softies“. Foto: RTL / Christoph Assmann

Früher war „Softie“ eine Beleidigung. Ein „Softie“ war, dem lange unwidersprochenen, traditionellen Bild von Männlichkeit zufolge kein richtiger Mann. Zu empathisch, zu sanft, zu soft eben. In einer Zeit, in der das Gegenteil, Machos nämlich, wieder auf dem Vormarsch sind, und die Verwüstung, die sie im Großen und Kleinen anrichten, offensichtlich wird, taugen „Softies“ nicht mehr als Negativbild. Und die gleichnamige Produktion von RTL+ ist genau die Serie, die wir aktuell brauchen.

Die Produktion von RTL+ begleitet Freunde in ihren Zwanzigern, die in Berlin in einer WG zusammenleben: Marvin (Damian Hardung, sehr bekannt aus „Maxton Hall“), der es immer allen recht machen und selbst „funktionieren“ will und dabei Erektionsstörungen und Panikattacken entwickelt hat. Hassan (Samir Salim), der mit seinem Körper hadert und mit Selbstzweifeln beim Daten kämpft. Und J…

18 Kommentare

  1. Nur der Vollständigkeit halber: „Adolescence“ hat überhaupt nicht das Ziel, die Hintergründe der Incel-Kultur genauer zu erklären. Es geht viel mehr darum, die Eltern anzuschreien, dass sie sich verdammt nochmal darum kümmern sollen, was ihre Kids im Netz machen. Und das macht die Serie hervorragend. Insofern ist der Vergleich etwas schief.

  2. #1
    Genau das ist doch die verkürzte und dadurch fast notwendigerweise zwingend falsche Kausalkette: Das gefährliche Internet kann einen ansonsten guten Jungen kaputt machen. Als würde das Internet irgendwie außerhalb des Lebens und der Gesellschaft existieren.
    Anders gesagt: Eltern sollten sich darum kümmern, was ihre Kinder tun und was für Ansichten sie entwickeln. Und da halte ich ein „verdammt nochmal […} im Netz“ als Zugabe für unnötig und irreführend.

  3. #2 Wer hat denn behauptet, dass „gute“ Menschen sich alleine durch das Netz radikalisieren? Soziale Medien sind Brandbeschleuniger, nichts weiter.
    Ansonsten wäre nach der Logik z. B. der Querdenken-Quatsch oder QAnon auch ohne Telegram, YouTube & Co. so groß geworden.
    Die Serie geht auch nur am Rande auf das Internet als Radikalisierungs-Maschine ein. Viel mehr Gewicht nimmt dort das direkte Umfeld des Jungen ein.

  4. Misogynie fängt viel früher an, im Alltag, in überholten Rollenverteilungen und ungleich verteilten Redebeiträgen, in sexistischen Witzen und schlechterer Bezahlung von Frauen.

    Das halte ich für ein Beispiel von „Concept Creep“ – also der Ausdehnung von Begriffen, bis deren spezifische Bedeutung verloren geht. „Gewalt“ hat diese Geschichte erlebt, oder „Trauma“, nun auch „Misogynie“.

    Und die Serie erscheint mir ziemlich klischeebeladen: „Softies“ sind also Typen, die ziemlich durch sind – und das ist dann das Positivbild? Wie wäre es denn mit freundlich, zugewandt, hilfsbereit, verständnisvoll, kümmert sich um die Kinder, während die Frau arbeitet? Solche Sachen. Aber nein: Drogen, Panikattacken, Komplexe, kriegt keinen hoch.

    In dieser Logik hat mann die Wahl, ein sexistisches Arschloch oder ein psychische Wrack zu sein. Und die Entscheidung soll auf psychisches Wrack fallen, weil das „emphatisch“ sei. Persönlich finde ich „Softie“ eigentlich ganz erstrebenswert. Aber das hier ist keine Werbung. Bärendienst, Hilfsausdruck.

  5. Puh.
    Im Zusammenhang mit der Debatte um neue Medien als „Brandbeschleuniger“ fällt mir ein Kommentar zu Attentaten in Deutschland ein, der sinngemäß lautete:
    „Attentäter in diesem Land werden entweder durch ihre Kultur oder durch Ballerspiele radikalisiert – je nachdem, ob sie als ‚migrantisch‘ oder ‚biodeutsch‘ gelesen werden.“
    [Sinngemäß zitiert aus der Erinnerung.]

    Zu @KK:
    Was Sie vorschlagen, ist im Grunde eine andere Serie. Man kann die natürlich auch machen – ob sie gut würde, sei dahingestellt. Aber aus meiner Sicht funktioniert Kultur so nicht.
    Wenn eine Serie den Struggle junger Männer zeigen will, dann hat das allein aus sich heraus seine Berechtigung – und muss sich nicht zuerst an einer alternativen Idee messen lassen.

  6. #5
    Aha. Ballerspiele mit Social Media vergleichen ist schon ein starker Strohmann.
    Es ist nunmal problematisch, wenn mir massenhaft Leute (oder Bots) aus meiner Bubble (die ich nie gesehen habe) ständig meine kruden Ansichten bestätigen und die wenigen Leute aus meinem realen Umfeld nicht mehr hinterher kommen oder die Lust daran verlieren, das wieder gerade zu rücken.

  7. #6
    Ich will gar nichts gleichsetzen. Die offensichtlich satirische Aussage zeigt lediglich, wie Strohmänner – jeweils angepasst an die eigene Ideologie – benutzt werden, um einer ernsthaften Auseinandersetzung auszuweichen.
    Ja, ohne die neuen Medien wären viele Formen der Manipulation in dieser Weise nicht möglich gewesen – so wie auch die Lutherbibel erst durch den Buchdruck ihre Wirkung entfalten konnte.
    Die heutigen Probleme mit den neuen Medien wurzeln aber auch darin, dass es den klassischen Medien nie gelungen ist, echte Demokratisierung und pluralistische Information zu etablieren. Noch heute wird eher versucht, die Privilegien der alten Medien mit Zähnen und Klauen zu verteidigen – ein Rückzugsgefecht gegen Windmühlen –, anstatt der Dominanz der Falschnachrichten-Schleudern etwas entgegenzusetzen. Und zwar Klasse, nicht Masse.

    Zu Obamas Zeiten waren Intellektuelle und die Mehrheit der Linken noch tonangebend in den neuen Medien. Doch sie ließen sich von rechten Kulturkämpfern à la Breitbart/Bannon an die Wand drängen – und geben nun dem Medium die Schuld für ihr eigenes Versagen.

    Können wir gern noch eine Weile diskutieren – es wird trotzdem nichts ändern.

  8. Klingt wirklich interessant!

    Zu einem Punk – auch wenn ihn die Autorin wahrscheinlich rhetorisch meint: Meiner Auffassung nach haben Serien im Schulunterricht nichts zu suchen, auch das schauspielerisch großartige „Adolesence“ nicht. Jugendliche sollten in der Schule etwas begegnen, was sie sonst wahrscheinlich nicht tun würden (Goethe lesen, Symphonie interpretieren, Wahrscheinlichkeitsrechnung). Und so sobald eine Serie Schulstoff wird, verliert sie schlagartig an Reiz.

  9. „Gute Männerfiguren haben Filmemacher:innen in den vergangenen Jahren ansonsten nicht so sehr interessiert. „Softies“ schafft genau das: ein positives Männerbild, in dem Empathie die Rettung ist, sich selbst und anderen gegenüber. Marvin, Hassan und Joshi sind ehrliche Vorbilder und echte Identifikationsfiguren.“
    Ehrlicherweise habe ich die Serie nicht gesehen, aber von der Beschreibung her bin ich froh, nicht zu sein wie diese drei. D.h., sie taugen mir nicht als Identifikationsfigur, und erst Recht nicht als Vorbild; kann sein, dass die ihre Schwächen in der Serie überwinden. Kann sein, dass sie witzig sind.
    Aber rein von dieser Rezi her muss ich mich KK anschließen, die Alternative für Männer schein „Arsch oder Wrack“ zu sein.

  10. Markus Lanz ist meistens gut vorbereitet. Aber nicht immer.
    Neulich hat er erzählt, dass 12/13-Jährige mit Messer in die Schule kommen.

    Fake News!

    Zum Glück war die Direktorin dabei und hat die Bilder wieder gerade gehängt. Tatsächlich bringen die Schüler erst ab 14/15 Messer in die Schule.
    Das wird durchaus als Problem erkannt.

    Doch „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ (Hölderlin).
    Noch ein paar Softiefilme, und die Messer lösen sich in Luft auf.
    Versuchen wir es einfach!

  11. @Mycroft:
    Sie können sich mit Männern in den Zwanzigern, die in Berlin in einer WG leben, nicht identifizieren?
    Völlig unverständlich. Das muss am Drehbuch liegen.

  12. Sie können sich mit Männern in den Zwanzigern, die in Berlin in einer WG leben, nicht identifizieren?

    Öhm, ich war mal in den Zwanzigern und lebte in einer WG. Das war interessant und manchmal schwierig, hatte aber wenig zu tun mit einer RTL-Serie, in der alle mit ihrer „Männlichkeit struggeln“ und deshalb wahlweise im Drogensumpf versinken oder sich seltsamen Macho-Gurus verschreiben. (Ein ehemaliger Mitbewohner schickte mir neulich ein lustiges Foto, wie er mit seinen Jungs Kuchen backt – ein Teig-Massaker)

    Wir wollen doch nicht anfangen, Unterhaltungs-Shows im Fernsehen mit der Wirklichkeit zu verwechseln? Das ist, glaube ich, mein Problem mit diesem Artikel – dass er genau das nahe legt.

  13. @KK:
    Weiter oben schrieben Sie:

    „Zu @KK:
    Was Sie vorschlagen, ist im Grunde eine andere Serie. Man kann die natürlich auch machen – ob sie gut würde, sei dahingestellt. Aber aus meiner Sicht funktioniert Kultur so nicht.“
    Jetzt schreiben Sie:

    „Wir wollen doch nicht anfangen, Unterhaltungs-Shows im Fernsehen mit der Wirklichkeit zu verwechseln?“
    Ich denke, damit ist die Frage beantwortet.

    Im Übrigen wird im Artikel meines Erachtens an keiner Stelle behauptet, die Serie bilde die Wirklichkeit ab. Es werden Typen skizziert – und diese, wie in Serien nicht unüblich, überzeichnet, um mit einem begrenzten Hauptfigurenensemble möglichst viele Probleme verhandeln zu können.
    Die alternative – und weitaus häufiger gewählte – Herangehensweise besteht darin, möglichst eindimensionale Figuren als Identifikationsangebote einer typisierten, heldenhaft-ideologisierten Provenienz zu präsentieren. Also Charaktere, die dem Publikum vorführen sollen, wie es zu sein hat.
    Dass ein Versuch, mit Letzterem zu brechen, nicht auf Anhieb perfekt gelingt, dürfte kaum überraschen.

    P.S.:
    Ernst Jünger war auch mal zwanzig – und, wenn ich mich recht erinnere, schon im Ersten Weltkrieg. Mein Germanistikprofessor erklärte Jüngers späteren Pathos damit, dass dieser den Krieg vor seiner ersten sexuellen Erfahrung mit einem anderen Menschen erlebt habe. Ein Extremfall – sicher.
    Aber man kann nicht einfach davon ausgehen, dass sich ältere Generationen automatisch mit dem vergleichen können, was die Generation Z heute bewegt.
    Ein Einschnitt wie Corona im Leben eines Endteenagers ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Und gerade Themen wie Sexualität oder Feminismus werden von jüngeren Generationen oft ganz anders verhandelt als von älteren. Die Herausforderungen sind schlicht andere.

  14. Ups. „Weiter oben schrieb ich“ hätte es heissen sollen. Sonst macht das keinen Sinn.
    Entschuldigung.

  15. Ich stimme Frank Gemein zu.
    Die Lebensrealität junger Menschen ist doch deutlich anders als früher.
    Das war zwar schon immer so, aber Internet und vor allem social Media haben diese Unterschiede nochmals deutlich verstärkt. Und auch der erwähnte Corona Einschnitt hatte massive Auswirkungen.
    Die Belastung Jugendlicher ist immens hoch, was anscheinend mit ein Grund ist für die steigenden Zahlen psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen. Dazu kommt eine stärkere Akzeptanz (oder weniger starke Stigmatisierung) dieser Erkrankungen.
    Wenn also nun Charaktere gezeichnet werden von denen jeder ein Haufen Probleme mit sich herum trägt, dann ist das mMn passend für die Lebensrealität heutiger Jugendlicher. Und wenn dann dazu noch gezeigt wird, dass diese Charaktere ihr Leben bestreiten können und trotzdem nette Menschen sein können ist doch eine schöne Aussage wenn man bedenkt dass unsere Gesellschaft immer aggressiver zu werden scheint.

  16. „Sie können sich mit Männern in den Zwanzigern, die in Berlin in einer WG leben, nicht identifizieren?“
    Prinzipiell schon.
    Aber die obige Rezension nennt mir mehr Gründe, es nicht zu tun, obwohl sie behauptet, dass ich es tun sollte. Mehr noch, sie behauptet, dass diese Personen Vorbilder seien, und die Serie deshalb gut wäre.
    Ist für mich mehr Doppelbindung.
    Hat so oder so nichts mit dem Drehbuch zu tun.
    Oder Ernst Jünger.

  17. @Mycroft:
    Es tut mir ja leid ( oder so ), aber durch die Blume verstehen Sie es ja nicht:
    Nein, Sie sind nicht Teil der Zielgruppe.
    s.o.:
    „Dass die Produktion nah bei ihrer Zielgruppe ist, liegt auch daran, dass sie ein Debüt ist. Jonathan Westphal und Yves Guillaume von der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf haben sie entwickelt. Ihre Serie ist das dritte Projekt, das aus dem „Storytellers“-Nachwuchsförderprogramm des Senders hervorgegangen ist.“

  18. Ziel ist doch offenbar, dass Männer ihre weiche Seite nicht wegsperren. Die Figuren in dieser Serie haben es zu lange gemacht – und die angesprochen Folgen sind ja nun nicht untypisch. Ich denke schon das ein guter Selbstumgang statt dieser kraftmalerei oft den Gang zu Andrew Tate verhindert, excessive drogennutzung sowie das reinfressen von „unpassenden“ Gefühlen was gerne mal generelle Aggressivität fördert.

    Wenn die Serie halbwegs gut ist, ist sie ein Novum in meinem Augen.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.